Informationen sollen heute möglichst in Echtzeit und von jedem Ort der Welt aus verfügbar sein. Deshalb sind Bibliotheken bemüht, viele ihrer Inhalte in digitaler Form bereitzustellen – soweit das rechtlich zulässig und organisatorisch möglich ist.
Daneben tragen sie aber auch Verantwortung für die Originale. Diese bestehen aus Tierhäuten, Papier, Holz, Textilien und anderen organischen Materialien, die empfindlich auf Umweltbedingungen und nachlässige Handhabung reagieren.
Papier zum Beispiel ist ganz und gar nicht geduldig, sondern nimmt Feuchtigkeit und Schmutz übel. Das kann von Flecken und schlechten Gerüchen bis zur völligen Zerstörung und zum Verlust der enthaltenen Informationen führen. Wenn Papier dagegen von guter Qualität ist (das gilt vor allem für das aus Lumpen hergestellte), ist es bis jetzt immer noch das haltbarste Speichermedium.
Verschleißteile finden sich vor allem am Einband des Buches. Häufiges Aufschlagen belastet unvermeidbar das Gelenk zwischen Deckel und Buchrücken, von unsanftem Gebrauch ganz abgesehen. So sind Reparaturen oder Erneuerungen der Einbände schon in früheren Zeiten notwendig gewesen. Daher sind Originaleinbände, die 500 Jahre oder älter sind, nur selten unversehrt erhalten (z. B. Obj.-Nr. 7).
Natürlich sind auffällige Gebrauchs- und Nutzungsspuren bei Büchern in öffentlichem Eigentum heute nicht mehr erwünscht. Wenn sie aber vorhanden sind, gehören sie zur Geschichte des Buches und bilden eine Informationsquelle eigener Art, um so mehr, wenn sie von einer bekannten Person oder Einrichtung stammen (Obj.-Nr. 3 und 6).
Abgesehen von ihrem Informationsgehalt ermöglichen Bücher eine greifbare Verbindung zu der Zeit ihrer Entstehung und zu den Menschen, die mit ihnen umgegangen sind. Diese historische Authentizität ist durch nichts zu ersetzen. Deshalb wird heute bei der Instandsetzung alter Bücher angestrebt, soviel historische Substanz wie möglich zu bewahren. Dagegen kommt es nicht darauf an, ein Objekt in seiner ursprünglichen Schönheit wiederherzustellen (s. Obj.-Nr. 6).
In einigen Fällen hat man sich entschieden, den alten Einband komplett abzunehmen und durch einen mehr oder weniger aufwendig gestalteten Neueinband zu ersetzen (Obj.-Nr. 2 und 5).
Die Kabinettausstellung zeigt historische Bände, die in den letzten zehn Jahren in der Bibliothek des Priesterseminars repariert, restauriert oder neu eingebunden wurden. Sie dokumentiert mit der getroffenen Auswahl verschiedene Leitlinien und Vorgehensweisen.
Bestandserhaltung ist eine Kernaufgabe von Bibliotheken, wenn sie ihrem Auftrag gerecht werden wollen, Informationen und kulturelle Werte langfristig zu sichern. Das beginnt bei einem pfleglichen Umgang mit den Büchern in der Bibliothek, aber auch bei den Leserinnen und Lesern zuhause. Die Bibliothek muss für schonende Aufbewahrung und Handhabung, stabiles Klima in den Magazinen und regelmäßige Reinigung sorgen. Ein gutes Mittel, Schäden zu verhindern und zu begrenzen, sind Schutzverpackungen. Der Zerfall von Papieren, die auf der Basis von Holzschliff hergestellt wurden, kann durch Entsäuerung wenigstens aufgehalten werden.
Einzelrestaurierungen sind die Spitze des Eisbergs. Sie können nur bei sehr wenigen Büchern durchgeführt werden, die nach genauer Prüfung des Schadensbefunds, der Seltenheitund deshistorischenoder ästhetischen Werts ausgewählt wurden. Die hier präsentierten Stücke sind Beispiele dafür.
Das Priesterseminar, das Domkapitel und das Land Rheinland-Pfalz stellen jedes Jahr nicht unerhebliche Beträge für Restaurierungsprojekte zur Verfügung. Diese Ausstellung ist auch ein bescheidener Dank an die für die Freigabe der Mittel Verantwortvlichen – für ihr Vertrauen, dass die Bibliothek diese Mittel sinnvoll und verantwortungsbewusst einsetzt.