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Geschichte der Bibliothek (mit Schwerpunkt auf den Gebäuden)


Die Geschichte der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars am heutigen Standort knüpft – wie auch die der Stadtbibliothek – an eine Bibliothekstradition an, welche sich bis in die Anfänge des 13. Jahrhunderts zurückverfolgen lässt. So verfügte wahrscheinlich bereits das zwischen 1228 und 1238 am heutigen Standort des Seminars gegründete Franziskanerkloster über eine philosophisch-theologische Gebrauchsbibliothek. Mit der Übernahme des Klostergeländes durch die Jesuiten 1569 und dem Neubau des Kollegs 1610–1614 kann gesichert von einer größeren Bibliothek gesprochen werden, welche mit der Auflösung des Jesuitenordens 1773 zur Universitäts- und Seminarbibliothek umgewidmet wurde. Zusammen mit anderen Bibliotheksbeständen bildete diese schließlich den Grundstock der 1804 am gleichen Standort eingerichteten Trierer Stadtbibliothek.

Die Seminarbibliothek hingegen konnte bei ihrer Neugründung 1805 nur auf geringen aus säkularisierten kirchlichen Einrichtungen stammenden Bücherbeständen aufbauen. Dazu gehörten unter anderem ein bedeutendes Konvolut von Handschriften aus der Trierer Abtei St. Matthias sowie Nachlässe und Schenkungen verstorbener Geistlicher und Professoren. Einen Erwerbungsetat gab es wegen der ohnehin schlechten finanziellen Lage des Seminars anfangs nicht. Als Unterbringungsort diente zunächst der Gang zwischen Küche und Refektorium des Clementinums. Eine Standortlösung, die sich sehr schnell als unbefriedigend herausstellte.

Mit der Bewilligung eines festen Bibliotheksetats 1828 konnte erstmals ein bedarfsgerechter Bestandsaufbau betrieben werden der auch bald zu erheblichen Platzproblemen führte. In der Mitte der 1840er Jahre wurde die Situation so prekär, das ein Neubau an der Weberbach in Auftrag gegeben wurde, der 1849 bezogen werden konnte. Der Bibliothek wurden insgesamt drei Räume im Erdgeschoss zugewiesen, in den Obergeschossen wurden Unterrichtsräume und Professorenwohnungen eingerichtet.

Zunächst war die Seminarbibliothek ausschließlich zur Nutzung durch den Lehrkörper des Seminars vorgesehen und wurde von einem der Professoren nebenamtlich verwaltet. Seminaristen durften diese nur unter besonderen Umständen und nach Fürsprache eines Professors nutzen. Zu deren Versorgung mit Studienliteratur wurde ab etwa 1855 die sogenannte Alumnen-Bibliothek eingerichtet. Art und Umfang Ihres Bestandes entsprachen weitgehend dem, was man heute eine Lehrbuchsammlung nennen würde.

Während des „Kulturkampfes“ (1871-1878) hatte die Auseinandersetzung der Preußischen Regierung mit der Katholischen Kirche für das Trierer Seminar und dessen Bibliothek besonders drastische Auswirkungen. So wurden Seminar und Bibliothek am 20. Februar 1874 beschlagnahmt und deren Zugänge versiegelt. Eine Nutzung der Bibliothek war ab diesem Zeitpunkt nur mehr mit behördlicher Sondergenehmigung und unter erheblichem bürokratischem Aufwand möglich. So schilderte der Historiker Friedrich Roth in einer Anmerkung zu seiner 1884 erschienenen Ausgabe der „Visionen der hl. Elisabeth und die Schriften der Äbte Ekbert und Emecho“ die umständlichen Benutzungsbedingungen der Bibliothek, weshalb ihm der Zugang zu einer wichtigen Quelle seines Werkes unmöglich war. Diese Anmerkung wurde von der katholischen Tageszeitung „Germania“ aufgegriffen und, ergänzt um weitere Bedenken zum Umgang der preußischen Staatsmacht mit Kulturgut, veröffentlicht. Die daraus resultierende öffentlich geführte Auseinandersetzung brachte die zuständigen Behörden schließlich zum Einlenken und nach gut zehnjähriger Zwangspause konnte die Bibliothek wieder regulär genutzt werden.

Im Rahmen eines Vortrages zum Thema Priesterausbildung auf der Trierer Diözesansynode von 1920 sprach sich der Regens des Priesterseminars Nikolaus Bares für die Einrichtung einer leistungsstarken und allgemein zugänglichen theologischen Fachbibliothek aus. Die nachfolgende Diskussion mündete in dem Wunsch nach einem zeitnahen Ausbau der Seminarbibliothek zu einer Art Diözesanbibliothek. Mit der Einführung neuer wissenschaftlicher Anforderungen im Studienbetrieb des Seminars 1931 nahm ein Teil dieser Überlegungen Gestalt an.

Am 11. Februar 1932 trat mit Kaplan Hermann Ries erstmals ein hauptamtlicher Bibliotheksleiter seinen Dienst in der Bibliothek an. Als erste Maßnahme wurden die bestehenden Räumlichkeiten renoviert, erweitert und für die wissenschaftliche Arbeit vor Ort ausgestattet. Darüber hinaus wurden bisher verstreut untergebrachte Bestände im Bibliotheksgebäude an der Weberbach zusammengeführt. Neben diesen rein äußerlichen Verbesserungen wurde auch die Organisation der Bibliothek modernisiert. Ebenso musste eine erste Benutzungsordnung entwickelt werde, da die Nutzerzahlen durch Studenten erheblich angestiegen waren. Auch eine erste kirchenhistorische Ausstellung wurde in dieser Zeit bereits in den Räumen der Bibliothek realisiert.

Bei Kriegsbeginn wurden wertvolle Teilbestände in den Kellern des Generalvikariats ausgelagert um Sie vor Zerstörung und Beschlagnahme zu schützen. Mit zunehmender Bedrohung durch alliierte Bomber wurde schließlich auch der restliche Bestand zu großen Teilen an sichere Orte in Trier und der Umgebung gebracht. Das Bibliotheksgebäude wurde gegen Brand und Splitter gesichert. Zu der Gefährdung durch Luftangriffe kamen Beschlagnahmen durch das NS-Regime, welche jedoch durch Einsprüche, Verzögerungen und tatkräftigen Widerstand von Bibliotheksmitarbeitern verhindert werden konnten. So hielten sich die Bestandsverluste in Grenzen. Das Bibliotheksgebäude hingegen wurde durch Luftangriffe und Artilleriebeschuß der heranrückenden amerikanischen Streitkräfte sehr in Mitleidenschaft gezogen.

Die unmittelbare Nachkriegszeit war geprägt durch den Wiederaufbau und Ausbau des Bibliotheksgebäudes sowie die Rückführung der ausgelagerten Buchbestände. Hinzu kamen die Fortführung der Neuordnung und der beginnende Nutzungsbetrieb durch die ersten Nachkriegs-Seminaristen.

Mit der Gründung der Theologischen Fakultät Trier im Jahr 1950 fielen der Seminarbibliothek neue Aufgaben als deren Hochschulbibliothek zu. Ein breiterer Fächerkanon, sowie ein größer werdender Nutzerkreis ohne klerikalen Hintergrund erforderte ein verändertes und erweitertes Angebot der Literaturversorgung. Durch die Öffnung der Bibliothek für wissenschaftlich interessierte Personen außerhalb von Seminar und Fakultät übernahm die Bibliothek nun auch Aufgaben einer Diözesanbibliothek. Der damit einhergehende Bestandszuwachs und die steigenden Nutzungszahlen stellten die Bibliothek zunehmend vor personelle wie räumliche Herausforderungen. Mit der Übernahme der Gebäude der alten Stadtbibliothek und des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums (bis 1804 Kurfürstliches Seminar und Universität) durch das Seminar 1957 ließ sich schließlich die zuletzt unerträglich gewordene Raumnot beheben.

Mit dem Einbau der ersten Regalanlagen für die neuen Magazine der Bibliothek begann nach mehrjährigen Entkernungs- und Umbauarbeiten der Umzug der Bibliothek an den neuen Standort in der Jesuitenstraße. Insbesondere der frühere Lesesaal der Stadtbibliothek erfuhr eine grundlegende bauliche Umgestaltung. Fünf Jahre dauerte es, bis die Bibliothek in der Jesuitenstraße eröffnet werden konnte.

Durch die Eröffnung des neuen Standorts am 12. Dezember 1964 besserte sich die Situation der Bibliothek erheblich. Erstmals seit Ihrer Gründung verfügte die Seminarbibliothek nun über einen attraktiven Lesesaal, eine geräumige Ausleihe sowie über einen eigenen Verwaltungstrakt und großzügige Magazine.

Im Jahr 1993 beginnt für die Bibliothek die Umstellung auf Elektronische Datenverarbeitung, die Zettel- und Mikrofiche-Kataloge werden nach und nach durch einen elektronischen Katalog ersetzt.

Nach fast 40 Jahren Dauernutzung zeigten sich gegen Ende der 1990er Jahre deutliche Gebrauchspuren an der Einrichtung der Bibliothek. Auch war die Ausrichtung der Bibliothek nach innen nicht mehr zeitgemäß. Daher entschloss man sich sowohl den Lesesaal einer grundlegenden Sanierung und Restaurierung, als auch die Bibliothek als Ganzes einer technischen Modernisierung zu unterziehen. Auch wurde der Eingang und die Ausleihe in den Altarhofflügel verlegt, was nicht nur eine deutliche Vergrößerung des öffentlichen Nutzungsbereiches sondern auch eine Öffnung zur Stadt hin bedeutete.

Wenige Jahre später präsentierte sich die Bibliothek des Priesterseminars mit einer eigenen Internetseite und einem Online-Katalog.

Durch Beteiligung an verschiedenen Projekten wie dilibri oder Virtuelles Skriptorium St. Matthias sowie durch zahlreiche Maßnahmen zur Bestandserhaltung bemüht sich die Bibliothek um eine breitere Verfügbarmachung des ihr anvertrauten Kulturgutes bei gleichzeitiger Bewahrung des kulturellen Erbes für die Zukunft.

Florian Zenner, Dipl.-Bibliothekar