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„Ex oriente et occidente lux aurea“
Buchglanz aus Ost und West

Seit der Spätantike (ab dem 4. Jahrhundert nach Christus) vermittelt das Medium „Buch“ als Gesamtbibel in Gestalt von Pergamentcodices die christliche Heilsbotschaft. Weltpriester und Ordensangehörige wurden zu „Multiplikatoren“ der Heiligen Schrift, indem sie ein Evangelienbuch („Evangeliar“) in der Feier der Heiligen Messe oder eine Psalmensammlung („Psalter“) zum persönlichen oder gemeinschaftlichen Gebet nutzten. Seitdem beeindruck(t)en die Werke christlicher Buchkultur: Kunstvolle Einbanddeckel sowie prächtiger Textschmuck mit Anfangsbuchstaben („Initialen“), Randverzierungen und Buchmalereien („Miniaturen“) erfreuen bis heute das Auge. So ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen in Europa das Buch hochschätz(t)en. Außerdem waren die Miniaturen bei der Glaubensvermittlung („Katechese“) verbreitet und beliebt. Gerade während der kulturellen, politischen und religiösen Erneuerung der Antike („Renovatio“) unter Karl dem Großen um 800 wurde das bebilderte Buch sehr wichtig für die wirksame Verbreitung der Erneuerung. Prachtvoll ausgestattete Handschriften entstanden daher in der Hofumgebung Karls des Großen sowie seiner Nachfolger. Diese Bücher waren Vorbilder für die klösterlichen Schreibstuben. Die Klöster selbst entwickelten sich für etwa 500 Jahre zu den Mittelpunkten der kulturellen und religiösen Bildung. Um 950 griff die Dynastie der Ottonen mit ihren Bischöfen und Hochadligen diese Kulturimpulse auf, indem sie sie durch Codices mit gewaltigen, vergoldeten Buchmalereien fortsetzte. In die folgende romanische Buchkunst flossen ab 1200 byzantinische Formen, Rankenverzierungen und plastische Darstellungen von Figuren ein. Wieder entstanden in den Reformklöstern großformatige Bilderbibeln. Das Buch diente weiter der Katechese und der Feier des Gottesdienstes. Aber auch die Glaubensinhalte aus Abhandlungen der Kirchenväter zur Bibelauslegung wurden in der Scholastik diskutiert. Einen letzten Höhepunkt erlebte die Buchkunst um 1475 bis 1525, also im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit. Die gotische Tafelmalerei aus Flandern sowie die Verwendung von Deckfarben brachten eine wirklichkeitsnahe Darstellung in die Buchmalerei ein. Auch die „Zentralperspektive“ bereicherte die Miniaturen. Zeugnisse der persönlichen Frömmigkeit waren damals die Stundenbücher, die reich mit Buchmalereien ausgeschmückt wurden. Sie sollten das individuelle Gebet unter Laien im Bürgertum und Adel fördern. Adlige Buchliebhaber setzten Bücher ein, um ihre politische Bedeutung zur Geltung zu bringen. Neue Literaturgattungen, wie „Erziehungsratgeber“ für den Adelsnachwuchs, gewannen an Bedeutung.

Patrick Trautmann